Forschung Zellbiologie: Stammzell-Material-Wechselwirkungen

Forschungsschwerpunkt: Hämatopoetische Stammzellen (HSZ)

Hämatopoetische Stammzellen (HSZ) sind die Vorläufer für alle Zellen des Blutes. Bislang ist es nicht möglich, sie in vitro ohne Verlust ihres Stammzellcharakters zu vermehren. Im Organismus können sie in einer spezialisierten Stammzellnische proliferieren. Ziel der Arbeitsgruppe ist die Entwicklung und Testung von Biomaterialien, die die HSZ-Nische in Bezug auf ihre spezifischen Liganden, Mikro- und Nanostruktur, Dimensionalität sowie mechanischen Eigenschaften nachahmen. Wir untersuchen die Wechselwirkung von HSZ mit diesen biomimetischen Materialien, um zu verstehen, wie physikalische und mechanische Eigenschaften der Umgebung HSZ beeinflussen. Die Vision ist die Konstruktion einer künstlichen Stammzellnische zur gezielten in vitro-Vermehrung von HSZ.

Forschungsprojekt: BioNanoHSZ

Abbildung 1: Die Stammzellen des Blutes. Hämatopoetische Stammzellen versorgen uns ein Leben lang mit frischen Blut-zellen. Sie werden seit Jahrzehn-ten zur Therapie von beispiels-weise Leukämiepatienten einge-setzt und sind viel versprechend für die Behandlung von Herz-infarktpatienten.

Abbildung 2. Prinzip des Projekts BioNanoHSZ.

Das Projekt BioNanoHSZ wird im Rahmen des BMBF-Nachwuchswettbewerbs NanoMatFutur auf der Grundlage des Rahmenprogramms "Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft – WING“  wird mit insgesamt 3,18 Mio Euro gefördert (FKZ: 13N12968). Das Akronym BioNanoHSZ steht für „Biomimetische Nanostrukturierte Materialien für die Kultivierung Hämatopoetischer Stammzellen“.

Die Stammzellen des Blutes, die so genannten „hämatopoetischen Stammzellen“, befinden sich im Knochenmark und versorgen uns ein Leben lang mit frischen Blutzellen wie roten Blutkörperchen. Ist das Blutsystem erkrankt wie im Falle von Leukämie können Ärzte seit den 1960er Jahren das erkrankte Blutsystem durch ein gesundes ersetzen, indem sie die Stammzellen eines gesunden Spenders transplantieren, der Knochenmark oder Stammzellen gespendet hat. Zukünftig könnten diese Zellen auch zur Behandlung von Herzinfarktpatienten genutzt werden – einer der Haupttodesursachen in Deutschland.

Eine elegante Lösung um den Bedarf aller Patienten zu decken, die von einer Behandlung mit hämatopoetischen Stammzellen profitieren würden, wäre die Vermehrung dieser Stammzellen im Labor. Dies ist mit heutigen Methoden nicht möglich. Die einzige heute bekannte Umgebung, in der eine Vermehrung möglich ist, ist die natürliche Umgebung der Stammzellen im Körper – ihre Nische im Knochenmark. Diese ist in einzigartiger Weise für ihre stammzellerhaltende Funktion spezialisiert. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die Materialeigenschaften der Umgebung wie die Steifigkeit oder die Strukturierung bis in den Bereich von Nanometern (also von Milliardstel Metern) Zellen entscheidend beeinflussen. Aus diesem Grund soll im Rahmen des Forschungsprojektes BioNanoHSZ erforscht werden, wie Stammzellen mit innovativen nanostrukturierten Materialien wechselwirken. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend werden neue Materialien mit einstellbaren Materialeigenschaften entwickelt, die die natürliche Umgebung der Stammzellen nachahmen. Mit Hilfe dieser künstlich geschaffenen Stammzellnischen soll das Ziel einer Vermehrung hämatopoetischer Stammzellen erreicht werden. Das Erreichen dieses Ziels hätte weitreichende positive Konsequenzen für die Behandlung zehntausender Patienten.

ERC Starting Grant: bloodANDbone

Blut und Knochen sind eng miteinander verbunden. Die intrinsischen, regenerativen Kapazitäten dieser zwei Gewebe sind in vielen hämatologischen und muskuloskelettalen Erkrankungen gestört. Die Wiederherstellung des regenerativen Potenzials durch regenerative Medizin ist der Schlüssel zur Heilung dieser Krankheiten. Multipotente Stammzellen – hämatopoietische Stammzellen (HSZ) für Blut und mesenchymale Stamm-/Stromazellen für Knochen – sind die Basis der regenerativen Kapazität beider Gewebe. Es ist weitgehend untersucht und bekannt, dass HSZs von ihrer natürlichen Umgebung im Knochenmark – einschließlich der MSZs und ihrer Abkömmlinge – beeinflusst werden. Überraschenderweise wurde umgekehrt dem Einfluss von HSZ auf ihre Umgebung bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Hypothese des ERC Starting Grant Projektes bloodANDbone ist, dass wir nur in der Lage sein werden zu verstehen, wie das regenerative Potential von Blut und Knochen in Krankheiten beeinträchtigt wird und wie es durch neue Behandlungsstrategien wieder hergestellt werden kann, wenn beide Gewebe und ihre gegenseitigen Beeinflussungen berücksichtigt werden. Um dies zu erreichen müssen wir die frühen Ereignisse des Krankheitsausbruchs und –verlaufs verstehen. Aufgrund der Beschränkungen solcher Untersuchungen in Patienten oder Tiermodellen, werden im Rahmen des Projektes humane in vitro Modelle von gesundem Knochenmark entwickelt werden, welche so induziert werden können, dass sie häufig auftretende hämatopoetische und muskuloskelettale Krankheiten, wie Leukämie, multiples Myelom und Knochenmetastasierung nachempfinden. In vorhergehenden Studien entwickelten wir vereinfachte Knochenmarkanaloga, die auf makroporösen, zellbeladenen Biomaterialien mit veränderbaren physikalischen, biochemischen und biologischen Eigenschaften basieren. Die Vielfältigkeit dieses Systems wird es uns ermöglichen, biomimetische in vitro Modelle des menschlichen Knochenmarks in Gesundheit oder Krankheit zu kreieren. Diese können wiederum genutzt werden, um die Erhaltung der regenerativen Balance des Knochenmarks in Gesundheit und während abnormaler Veränderung in verschiedenen Krankheiten zu untersuchen – eine Voraussetzung für die Entwicklung neuer regenerativer Behandlungen – und um in vitro Testsysteme für das Screening von neuen Medikamenten oder Behandlungen zu entwickeln.

Biomaterialien für die Kultivierung und gezielte Differenzierung von iPS-Zellen

Die Technik der induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) wurde in den Laboren von Shinya Yamanaka in Kyoto (Japan) entwickelt. Durch das Einführen von vier verschiedenen Genen, welche für Transkriptionsfaktoren kodieren, konnte die Forschungsgruppe adulte Stammzellen in pluripotente Stammzellen umwandeln. iPS-Zellen sind in der Lage in alle adulten Zelltypen zu differenzieren sowie sich selbst unbegrenzt zu erneuern. Daher sind iPS-Zellen potentiell geeignet für Anwendungen in der regenerativen Medizin und für in vitro-Krankheitsmodelle. Bisher zeigen Zellkultursubstrate, welche zuvor mit Matrigel™ beschichtet wurden, vielversprechende Ergebnisse bezüglich Kultivierung und Differenzierung von iPS-Zellen. Zwar bietet die Anwendung von Matrigel™ eine Verbesserung im Vergleich zu Standard-Zellkulturbedingungen, jedoch zeigen sich auch erhebliche Nachteile, wie etwa Schwankungen in der Zusammensetzung und Abnahme der cytochromischen Aktivität der Zellen. Alternativ dazu werden entsprechende Biomaterialien für die iPS-Zellkultur entwickelt, durch Anpassen von biologischen und biophysikalischen Eigenschaften.

Ein Ziel dieses durch das BMWi geförderten Projektes (Förderkennzeichen ZF4397302CS7) ist die Entwicklung von vollsynthetischen, Matrigel™-nachahmenden Hydrogelen für die futterzellfreie Zellkultur, um den Einfluss von biophysikalischen und biochemischen Parametern auf  iPS-Zellen zu untersuchen. Des Weiteren sollen biomimetische Gele hergestellt werden, welche sowohl die Nische der hepatischen Vorläuferzellen (HPZ), als auch die natürliche Umgebung von Leberzellen nachahmen. Diese Gele sollen dann für die Kultivierung und Differenzierung von hepatischen Vorläuferzellen, bzw. von leberzellartigen Zellen verwendet werden.

Kontakt

© Markus Breig, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. rer. nat. Cornelia Lee-Thedieck
Leitung
Adresse
Herrenhäuser Straße 2
30419 Hannover
Gebäude
Raum
032
© Markus Breig, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr. rer. nat. Cornelia Lee-Thedieck
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